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Ausführliche Details

Tätigkeiten mit Stoffen, die obstruktive Atemwegserkrankungen auslösen können

Einleitung

Arbeiten mit potenziell gefährdenden Stoffen stellen für die Atemwege eine erhebliche Belastung dar, insbesondere bei Stoffen, die sensibilisierend, chemisch-irritativ oder toxisch wirken. Diese Stoffe können langfristig obstruktive Atemwegserkrankungen wie Asthma, chronische Bronchitis oder das Reactive Airways Dysfunction Syndrome (RADS) verursachen. Die Arbeitsmedizinische Vorsorge gemäß der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und den Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zielt darauf ab, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen, Atemwegserkrankungen frühzeitig zu erkennen und geeignete Präventionsmaßnahmen zu gewährleisten.

1. Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereich

Die arbeitsmedizinische Vorsorge für Tätigkeiten mit Atemweg belastenden Stoffen basiert auf den Regelungen der ArbMedVV und wird durch die DGUV-Empfehlungen konkretisiert. Die Vorsorge ist bei Arbeiten mit gefährlichen Stoffen vorgeschrieben, die:

Atemwegsreizend, sensibilisierend oder toxisch wirken,

das Risiko einer berufsbedingten Atemwegserkrankung erhöhen,

nicht durch technische oder organisatorische Maßnahmen gänzlich ausgeschlossen werden können.

Vorsorgearten
  • Pflichtvorsorge: Vorgeschrieben, wenn Grenzwerte überschritten werden oder bei spezifischen Stoffen eine inhalative Exposition vorliegt, beispielsweise bei Getreide- und Futtermittelstäuben.
  • Angebotsvorsorge: Bei bestimmten Expositionen, wie niedrigerer Belastung durch sensibilisierende Stoffe oder geringeren Staubkonzentrationen, wird eine Angebotsvorsorge ermöglicht.
  • Wunschvorsorge: Beschäftigte haben das Recht auf eine Wunschvorsorge, auch wenn die festgelegten Grenzwerte für die Pflicht- oder Angebotsvorsorge nicht erreicht werden.

2. Gesundheitliche Risiken und Exposition

Inhalative Exposition gegenüber sensibilisierenden und irritativen Stoffen kann sowohl akute als auch chronische Atemwegserkrankungen verursachen. Besondere Risiken bestehen durch:

  • Allergische Reaktionen: Bei Kontakt mit Allergenen wie Mehlstaub, Tierstaub, bestimmten Pflanzen und Chemikalien (z. B. Isocyanate).
  • Chemisch-irritative Reaktionen: Toxische Stoffe wie Reizgase, bestimmte Metalle und chemische Dämpfe (z. B. Schwefeldioxid, Formaldehyd) führen zu einer Reizung und langfristigen Schädigung der Atemwege.
  • Obstruktive Atemwegserkrankungen: Bei chronischer Exposition entwickelt sich bei einigen Beschäftigten eine obstruktive Atemwegserkrankung, die im schlimmsten Fall irreversibel ist.
  • RADS: Plötzlich auftretende Atemwegserkrankungen infolge akzidenteller hoher Exposition gegenüber toxischen Stoffen.

3. Ziel der Arbeitsmedizinischen Vorsorge

Die arbeitsmedizinische Vorsorge verfolgt folgende Hauptziele:

  • Früherkennung von Atemwegserkrankungen: Durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen sollen obstruktive Atemwegserkrankungen rechtzeitig erkannt werden.
  • Aufklärung und Sensibilisierung: Die Beschäftigten werden über Risiken und Schutzmaßnahmen informiert, um die Belastung zu reduzieren.
  • Individuelle Risikoeinschätzung: Die Vorsorge unterstützt die individuelle Beurteilung und Festlegung von Maßnahmen zum Erhalt der Atemwegsgesundheit.

4. Ablauf der Arbeitsmedizinischen Vorsorge

4.1 Eingangsberatung und Anamnese

Zu Beginn der Vorsorgeuntersuchung erfolgt eine ausführliche Eingangsberatung und Anamnese:

  • Medizinische Vorgeschichte: Feststellung bekannter Atemwegserkrankungen, Allergien oder Atopien sowie vorheriger Expositionen gegenüber reizenden Stoffen.
  • Arbeitsanamnese: Erfassung bisheriger Tätigkeiten mit Exposition gegenüber sensibilisierenden oder chemisch-irritativen Stoffen und Informationen zu verwendeten Schutzmaßnahmen.
  • Beschwerden: Erfassung spezifischer Beschwerden wie Husten, Atemnot, Fließschnupfen und Augenreizungen.
4.2 Körperliche und Lungenfunktionsuntersuchung

Die Untersuchung des Atemsystems ist ein zentraler Bestandteil der Vorsorge:

  • Inspektion und Auskultation: Der Arzt untersucht die Atemwege und Lunge durch Abhören und Betrachtung, um eventuelle auffällige Atemgeräusche oder Veränderungen festzustellen.
  • Spirometrie: Eine Lungenfunktionsprüfung dient zur Messung der Lungenkapazität und des Atemflusses, was bei der Feststellung von obstruktiven Atemwegserkrankungen hilfreich ist. Im Falle auffälliger Werte können ergänzende Tests wie der Bronchospasmolysetest und Methacholintest hinzugezogen werden.
  • Allergietests: Bei Exposition gegenüber bekannten Allergenen werden spezifische Tests (z. B. Prick-Test) und IgE-Tests durchgeführt, um eine Sensibilisierung nachzuweisen.
4.3 Weiterführende Diagnostik

Bei bestimmten Erkrankungen oder Symptomen kann weiterführende Diagnostik notwendig sein:

  • Erweiterte Lungenfunktionsdiagnostik: In unklaren Fällen erfolgt eine ausführliche Funktionsprüfung, etwa durch Ganzkörperplethysmographie.
  • Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen oder CT-Scans der Lunge werden bei Verdacht auf schwerwiegendere Lungenerkrankungen eingesetzt.
  • Laboruntersuchungen: Bei Bedarf können zusätzliche Blutuntersuchungen veranlasst werden, um entzündliche oder immunologische Parameter zu prüfen.
4.4 Beratung und Aufklärung über Schutzmaßnahmen

Eine zentrale Komponente der Vorsorge ist die Aufklärung über Schutzmaßnahmen und richtiges Verhalten am Arbeitsplatz:

  • Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Beratung zum Gebrauch und zur Pflege von Atemschutzmasken und anderen PSA, die den Eintrag sensibilisierender Stoffe in die Atemwege reduzieren.
  • Arbeitsplatzhygiene: Aufklärung über Maßnahmen zur Reduzierung von Belastungen, etwa durch regelmäßige Reinigung, Nutzung von Absauganlagen und gute Belüftung.
  • Verhaltensempfehlungen: Information über die richtige Anwendung von Schutzausrüstung, Vermeidung zusätzlicher Expositionen und Hinweise auf Rauchverhalten, da dies die Atemwegsgesundheit erheblich beeinflusst.
4.5 Nachsorge und regelmäßige Überwachung

Abhängig vom individuellen Risiko und der Expositionsstärke erfolgt die Planung der Nachsorgeintervalle:

  • Kontrolluntersuchungen: Regelmäßige Lungenfunktionsprüfungen, insbesondere bei bestehender Atemwegserkrankung oder fortdauernder Exposition.
  • Langzeitüberwachung: Langfristige Überwachung durch audiometrische Tests und Gesundheitschecks bei anhaltender oder wiederkehrender Exposition gegenüber sensibilisierenden Stoffen.

5. Schutzmaßnahmen bei Exposition gegenüber Atemwegsschädigenden Stoffen

Um die Gesundheitsgefahren durch belastende Stoffe zu reduzieren, empfiehlt die DGUV spezifische technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen.

5.1 Technische Schutzmaßnahmen

Um das Einatmen gefährlicher Substanzen zu minimieren, sind technische Maßnahmen essenziell:

  • Absauganlagen und Filter: Einrichtung lokaler Absaugungen an Arbeitsplätzen, an denen sensibilisierende oder irritative Stoffe entstehen.
  • Luftzirkulation und -reinigung: Maßnahmen zur Gewährleistung einer guten Luftzirkulation und -reinigung in Innenräumen, insbesondere bei Tätigkeiten, die Staub- oder Gasemissionen erzeugen.
5.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

Zusätzlich sind organisatorische Maßnahmen erforderlich:

  • Rotationssysteme und Expositionsbegrenzung: Begrenzung der Expositionszeit und Einsatz von Arbeitsplatzrotation, um die individuelle Belastung zu minimieren.
  • Schulungen und Sensibilisierungsprogramme: Regelmäßige Schulungen zu den Risiken und zum richtigen Umgang mit potenziell schädigenden Stoffen.
5.3 Persönliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensrichtlinien

Neben den technischen und organisatorischen Maßnahmen ist die Nutzung persönlicher Schutzmaßnahmen unerlässlich:

  • Atemschutzgeräte: Auswahl und Bereitstellung geeigneter Atemschutzgeräte, die die Atemwege vor schädigenden Substanzen schützen.
  • Hygienevorschriften: Befolgung strikter Hygienevorschriften wie das Tragen spezieller Arbeitskleidung, regelmäßiges Händewaschen und Nutzung von Schutzbrillen zur Vermeidung einer kombinierten Inhalations- und Hautexposition.

6. Beurteilungskriterien und Maßnahmen bei gesundheitlichen Risiken

Die arbeitsmedizinische Vorsorge basiert auf den Untersuchungsergebnissen und der individuellen Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes:

  • Fortsetzung der Tätigkeit: Wenn keine gesundheitlichen Bedenken bestehen und die Lungenfunktion unauffällig ist, kann die Tätigkeit fortgeführt werden.
  • Einschränkungen und Maßnahmen: Bei ersten Anzeichen einer Atemwegserkrankung sind präventive Maßnahmen wie eine reduzierte Exposition und erweiterte Schutzmaßnahmen einzuleiten.
  • Tätigkeitswechsel: Bestehen schwere obstruktive Atemwegserkrankungen oder andere irreparable Gesundheitsschäden, kann ein Tätigkeitswechsel in weniger belastete Bereiche angeraten werden.

Fazit

Die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Tätigkeiten mit sensibilisierenden oder irritativen Stoffen ist von entscheidender Bedeutung, um die Gesundheit der Atemwege der Beschäftigten zu schützen und Langzeitschäden vorzubeugen. Durch eine Kombination aus regelmäßigen Untersuchungen, präventiven Maßnahmen und geeigneten Schutzvorkehrungen kann die Gefahr berufsbedingter Atemwegserkrankungen erheblich reduziert werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Arbeitgebern, Betriebsärzten und Beschäftigten ist unerlässlich, um eine sichere Arbeitsumgebung zu gewährleisten und die Arbeitsfähigkeit langfristig zu sichern.

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