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Ausführliche Details

Tätigkeiten bei Kältearbeiten

Einleitung

Kältearbeiten umfassen Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte in einer Umgebung von –25 °C oder kälter arbeiten, oft über einen längeren Zeitraum und in geschlossenen oder teilweise offenen Räumen. Solche Arbeitsbedingungen sind vor allem in der Lebensmittelindustrie (z. B. Tiefkühlhäuser), Pharmaindustrie (Gefriertrocknungsanlagen) und in Forschungseinrichtungen mit Kryotechnologie zu finden. Die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Kältearbeiten hat zum Ziel, gesundheitliche Risiken durch extreme Kältebelastung zu minimieren und gesundheitliche Schädigungen frühzeitig zu erkennen.

1. Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereich

Die arbeitsmedizinische Vorsorge für Tätigkeiten bei extremer Kälte wird gemäß der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) geregelt und durch die spezifischen Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ergänzt. Diese Vorsorge stellt sicher, dass sowohl präventive Maßnahmen als auch gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen für Beschäftigte greifen, die regelmäßig oder auch nur zeitweise extremen Kältebedingungen ausgesetzt sind.

Vorsorgearten bei Kältearbeiten
  • Pflichtvorsorge: Die Pflichtvorsorge ist für alle Beschäftigten erforderlich, die regelmäßig in Bereichen mit extrem niedrigen Temperaturen arbeiten. Sie umfasst eine umfassende arbeitsmedizinische Begutachtung und Beratung und ist bei allen Tätigkeiten unter –25 °C durchzuführen.
  • Angebotsvorsorge: Für gelegentliche Arbeiten in solchen Umgebungen oder bei Tätigkeiten, bei denen die Exposition geringfügiger ist, kann eine Angebotsvorsorge in Anspruch genommen werden.
  • Wunschvorsorge: Beschäftigte haben zudem das Recht auf Wunschvorsorge, selbst wenn die Arbeitsbedingungen nicht zwingend eine Pflichtvorsorge erforderlich machen.

2. Gesundheitliche Risiken bei Kältearbeiten

Kältearbeiten belasten den menschlichen Körper erheblich und können je nach Dauer und Schwere der Exposition schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Die Risiken umfassen sowohl akute als auch chronische gesundheitliche Effekte:

  • Akute Effekte: Bei kurzfristiger Exposition an extremen Kälteorten können Symptome wie Zittern, Muskelschmerzen, Herzrhythmusstörungen und Atemprobleme auftreten. Auch das Risiko für Erfrierungen ist bei direktem Hautkontakt mit kalten Oberflächen oder verdampfendem Kühlmittel hoch.
  • Chronische Effekte: Längerfristige Exposition gegenüber extremer Kälte kann die Durchblutung beeinträchtigen und zu chronischen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems führen. Häufige Probleme umfassen Gelenkschmerzen, rheumatische Beschwerden und eine verminderte Empfindlichkeit an den Extremitäten (z. B. Raynaud-Syndrom).

3. Ziel der Arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Kältearbeiten

Die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Kältearbeiten verfolgt mehrere Hauptziele:

  • Erkennung und Prävention von Kälteschäden: Durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sollen Erkrankungen und Kälteschäden frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden.
  • Aufklärung und Beratung: Beschäftigte werden über die Risiken von Kältearbeiten und notwendige Schutzmaßnahmen informiert, um eine sichere Arbeitsumgebung zu gewährleisten.
  • Langfristige Gesundheitsüberwachung: Die Vorsorge soll sicherstellen, dass Langzeitschäden und chronische Erkrankungen durch Kältebelastung vermieden werden, und bei ersten Anzeichen präventiv eingegriffen werden kann.

4. Ablauf der Arbeitsmedizinischen Vorsorge

4.1 Eingangsberatung und Anamnese

Die Vorsorge bei Kältearbeiten beginnt mit einer Eingangsberatung sowie einer umfassenden Anamnese, um gesundheitliche Risiken individuell zu bewerten:

  • Medizinische Vorgeschichte: Abfrage nach Vorerkrankungen, insbesondere kälteempfindlicher Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme, rheumatische Beschwerden und Durchblutungsstörungen.
  • Arbeitsanamnese: Erfassung der Arbeitsbedingungen, Häufigkeit und Dauer der Kälteexposition sowie vorhandener Schutzmaßnahmen.
  • Beschwerden und Symptome: Abfrage nach typischen Kältesymptomen wie kalten Extremitäten, Gelenkschmerzen oder Herzbeschwerden, die auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch Kälte hindeuten könnten.
4.2 Körperliche Untersuchung

Die körperliche Untersuchung umfasst eine allgemeine Bewertung des Gesundheitszustands, insbesondere auf Anzeichen von Durchblutungsstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen:

  • Haut- und Gefäßstatus: Kontrolle der Haut auf Anzeichen von Erfrierungen, Rötungen oder anderen Kälte-bedingten Schäden sowie Untersuchung des Gefäßsystems.
  • Herz-Kreislauf-System: Untersuchung auf Anzeichen von Bluthochdruck oder anderen Kreislaufbeschwerden, da diese durch Kältebelastung verstärkt werden können.
  • Lungenfunktion: Überprüfung der Lungenfunktion, da niedrige Temperaturen Atemprobleme und bronchiale Hyperreaktivität auslösen können.
4.3 Labordiagnostische Untersuchungen

Falls die Anamnese oder die körperliche Untersuchung Hinweise auf gesundheitliche Risiken ergeben, sind zusätzliche labordiagnostische Untersuchungen durchzuführen:

  • Blutbild: Analyse der Blutwerte, insbesondere der roten und weißen Blutkörperchen, um eine mögliche Anämie oder andere Störungen zu erkennen, die durch Kälte belastet werden könnten.
  • Lungenfunktionstests: Bei bestehenden Atemwegsproblemen können spezielle Tests zur Messung der Atemkapazität und Lungenfunktion erforderlich sein.
  • Elektrokardiogramm (EKG): Bei auffälligen Herz-Kreislauf-Befunden kann ein EKG durchgeführt werden, um die Herzfunktion zu überprüfen.
4.4 Beratung und Aufklärung über Schutzmaßnahmen

Eine umfassende Beratung ist zentraler Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge:

  • Risikokommunikation: Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken der Kälteexposition und Hinweise zu Symptomen, die auf Gesundheitsprobleme hindeuten.
  • Schutzmaßnahmen: Anweisungen zur Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), wie thermoisolierende Kleidung, Handschuhe und Schutzmasken, um Erfrierungen und Unterkühlung zu vermeiden.
  • Arbeitsplatzhygiene und Pausenzeiten: Empfehlung zu regelmäßigen Aufwärmpausen in geheizten Räumen und die Bereitstellung warmer Getränke, um den Wärmehaushalt des Körpers zu unterstützen.
4.5 Nachsorge und regelmäßige Überwachung

Langfristige Nachsorgeuntersuchungen sind erforderlich, um gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Kältebelastung frühzeitig zu erkennen:

  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Abhängig von der Häufigkeit und Intensität der Kälteexposition können regelmäßige Nachuntersuchungen notwendig sein, um gesundheitliche Veränderungen zu überwachen.
  • Langfristige Beobachtung: Auch nach Beendigung der Kälteexposition sind Kontrolluntersuchungen empfehlenswert, da Langzeitschäden durch chronische Kältebelastung auftreten können.

5. Schutzmaßnahmen bei Kältearbeiten

Um das Risiko durch Kältearbeiten zu reduzieren, sind spezifische technische und organisatorische Schutzmaßnahmen gemäß DGUV zu treffen.

5.1 Technische Schutzmaßnahmen

Die DGUV empfiehlt, durch technische Maßnahmen eine möglichst angenehme und sichere Arbeitsumgebung zu schaffen:

  • Thermoisolierte Arbeitskleidung: Bereitstellung geeigneter Kleidung, die die Körperwärme speichert und die Haut vor extremen Temperaturen schützt.
  • Beheizte Pausenräume: Einrichtungen beheizter Räume in der Nähe der Arbeitsbereiche, damit sich Beschäftigte regelmäßig aufwärmen können.
  • Arbeitsplatzgestaltung: Optimierung der Arbeitsplatzgestaltung, um kalte Luftströmungen und Feuchtigkeit zu minimieren.
5.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

Zusätzlich sollten organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, um die Kälteexposition zu minimieren:

  • Rotationssysteme: Einteilung der Beschäftigten in Schichten und Pausen, um die Dauer der Kälteexposition zu begrenzen und genügend Aufwärmphasen zu gewährleisten.
  • Einschränkung der Arbeitszeit: Bei besonders niedrigen Temperaturen sollte die Dauer der Kältearbeit begrenzt und Arbeitszeiten flexibel angepasst werden.
5.3 Persönliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensrichtlinien

Persönliche Schutzmaßnahmen sind notwendig, um den direkten Kontakt der Haut mit kalten Oberflächen zu verhindern und Unterkühlung zu vermeiden:

  • Isolierende Kleidung und Schutzausrüstung: Bereitstellung von thermoisolierender PSA wie Schutzanzügen, Gesichtsschutz und Thermoschuhen, um den Wärmeverlust zu minimieren.
  • Aufwärmübungen und Flüssigkeitszufuhr: Ermutigung zur Durchführung von Aufwärmübungen und regelmäßiger Flüssigkeitszufuhr, da der Kälteeinfluss den Flüssigkeitsbedarf erhöht.

6. Beurteilungskriterien und Maßnahmen bei gesundheitlichen Risiken

Die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung für Tätigkeiten mit extremer Kältebelastung erfolgt auf Basis der Gefährdungsbeurteilung und medizinischen Untersuchungsergebnisse:

  • Fortführung der Tätigkeit: Bei unauffälligen Untersuchungsergebnissen kann die Tätigkeit unter den bestehenden Schutzmaßnahmen fortgesetzt werden.
  • Anpassung des Arbeitsplatzes: Bei gesundheitlichen Auffälligkeiten oder Risiken sollten technische und organisatorische Anpassungen vorgenommen werden, um die Belastung zu verringern.
  • Umverteilung oder Einschränkung der Tätigkeit: Bei gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen sollte eine Umverteilung an einen weniger belastenden Arbeitsplatz erwogen werden.

Fazit

Die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Kältearbeiten gemäß ArbMedVV und DGUV bildet eine zentrale Maßnahme zum Schutz der Gesundheit von Beschäftigten, die extrem niedrigen Temperaturen ausgesetzt sind. Durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, umfassende Schutzmaßnahmen und eine systematische Überwachung der Arbeitsplatzbedingungen kann das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen effektiv reduziert und die langfristige Gesundheit der Beschäftigten geschützt werden.

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